Kleb- und Dichtstoffe für den Schiffbau im Wandel der Zeit.
Vom 14. bis 15. November 2024 fand die 18. internationale Klebefachtagung statt, ein zentraler Treffpunkt für Experten aus Industrie und Forschung. Dr. Johann Sattler, Leiter unserer Forschung und Entwicklung, trug mit einem spannenden Vortrag über „Schiffbau im Wandel der Zeit“ zur Diskussion bei.
In den letzten Jahrzehnten hat sich der Bootsbau rapide weiterentwickelt, wodurch die Anforderungen an den Schiffbau und die damit verbundenen Herausforderungen in den Bereichen Architektur, Design und Technik stark gewachsen sind. Die eingesetzten Kleb- und Dichtstoffe spielen dabei eine entscheidende Rolle und müssen den neuen Ansprüchen gerecht werden. Dies gilt nicht nur hinsichtlich Rohstoffbeschränkungen, Lieferengpässen und strengen Chemikalienverordnungen, sondern auch bezüglich der Verträglichkeit mit den eingesetzten Materialien unter anspruchsvollen Bedingungen.
Vom traditionellen Plättenbau ...
Die ersten Anforderungen an Klebmassen für den Schiffbau kamen zunächst aus dem traditionellen Plättenbau. Der Begriff "Plätte" bezieht sich auf ein historisches Transportmittel, das bereits vor rund 500 Jahren im inneren Salzkammergut verwendet wurde. Dieses Transportmittel wurde entwickelt, um verschiedenste Materialien wie Schotter, Holz und insbesondere das wertvolle Salz auf dem Seeweg zu befördern. Aus dieser Region gingen auch die ersten Anfragen für Materialien hervor, die zur Verklebung und Abdichtung von traditionellen Bootskörpern geeignet sind.
Diese unverzichtbaren Materialien wurden im Laufe der Jahre stets weiterentwickelt und so bewährten sich zwei Produkte als besonders effektiv: Ein PU-Kleber der Beanspruchungsgruppe D4 nach DIN EN204 wurde erfolgreich für die Verklebung der Dielen eingesetzt, und ein elastischer Kleber mit einer Shore-Härte von etwa 60 erwies sich als nützlich für die spannungsausgleichende Verklebung der Querbalken. Diese Verklebungen ermöglichen nicht nur eine Reduzierung des Gewichts der Boote, da weniger Schichten im Bodenaufbau erforderlich sind, sondern verhindern auch das Eindringen von Feuchtigkeit. Selbst potenzielle Schwachstellen im Bezug auf Feuchtigkeit, die bei mechanischen Befestigungen kaum zu vermeiden sind, werden umgangen, indem gezielte Verklebungstechniken angewendet werden.
... über modernen Bootsbau ...
Wurde bei der Plätte die Abdichtung durch die Nut-Feder-Konstruktionsverklebung ermöglicht, so erfolgt im modernen Bootsbau die Deckskonstruktion mit einer Sichtfuge zwischen den Dielen. Neben einer Feuchtigkeitsabdichtung kommt hier auch der optische Aspekt der geschliffenen Fuge zu tragen. Ein physikalischer Messparameter des eingesetzten Dichtstoffes, korrelierend zur makroskopischen Materialeigenschaft der Schleifbarkeit, ist die Weiterreißfestigkeit, wobei hier die maximale Kerbfestigkeit mit einer geringen Fläche unter der Messkurve korreliert.
Durch den aufkeimenden und immer stärker werdenden Tourismus im inneren Salzkammergut wuchs der Druck, sich vom traditionellen Holz-Bootsbau hin zu moderneren und modischeren Varianten, hier in erster Linie hin zum Segel- und Motorbootsbau, zu entwickeln. War zunächst Holz das einzige Kontaktmaterial für den eingesetzten Dicht- oder Klebstoff, so musste von nun an auch die Verträglichkeit mit einer Vielzahl an Anstrichen und Lackierungen sowie die Haftung auf diversen Kontaktmaterialien von Metallen bis hin zu Kunststoffen in der Entwicklung der bindenden Materialien beachtet werden.
Entsprechende Vorversuche sind ein bewährtes Mittel, um Schäden und damit erhöhten Mehraufwand hinsichtlich Zeit und Arbeitsleistung sowie Material zu vermeiden. Unverträglichkeiten mit angrenzenden Materialien zeigen sich unter anderem in der Bildung einer Verfettung entlang der Kontaktlinie. In den meisten Fällen liegt die Ursache der Unverträglichkeit von Kleb- und Dichtstoffen am Kontakt zu nicht vollständig ausgehärteten Anstrichen auf Polyurethan-Basis. Durch den Einsatz ungeeigneter Materialkombinationen können dabei hohe Kosten verursacht werden.
... bis hin zum Yachtbau.
Die logische Weiterentwicklung der Kleb- und Dichtstoffe, weg von Binnengewässern hin zum maritimen Bereich, erfordert für die Anwendung im professionellen Yachtbau das Erfüllen strenger Vorschriften bezüglich des Brandverhaltens der einzusetzenden Materialien. So wurde im Jahre 1999 die Schiffsausrüstungsrichtlinie MED von der EU erarbeitet und eingeführt. Besonderes Augenmerk wurde hierbei auf den Brandschutz gelegt.
Die „Maritime Equipment Directive“ sollte den freien Warenverkehr von Schiffsausrüstungen innerhalb der Europäischen Union sicherstellen. Das Brandverhalten der relevanten Produkte wird nach dem IMO FTP Code (International Marine Organization Fire Test Procedure) geprüft. Die entsprechenden Hersteller dieser Produkte müssen sich durch zugelassene Zertifizierungsstellen einer Qualitätssicherungsprüfung unterziehen. Die wiederkehrenden Prüfungen, einhergehend mit der Marktüberwachung, gewährleisten ein einheitliches, hohes Sicherheitsniveau.
Wenn diese Prüfungen erfolgreich abgeschlossen werden, ist der Hersteller berechtigt, die entsprechenden Produkte mit dem sogenannten „Steuerrad“ zu kennzeichnen. Nur Produkte, die hiermit gekennzeichnet sind, dürfen auf EU Hochseeschiffen und Binnenschiffen verwendet werden. Ist das verwendete Produkt auch mit einer U.S. Coast-Guard-Nummer gekennzeichnet, so dürfen diese Produkte, gemäß eines Abkommens zwischen den USA und der EU, auch auf US-Schiffen eingesetzt werden.
Moderner Bootsbau - MED Richtlinie
- Marine Equipment Directive
- Symbolisiertes Steuerrad als Konformitätskennzeichen
- Starker Fokus auf Brandverhalten (IMO FTP Code)
Zusammenfassung.
Der Bootsbau hat sich in den letzten Jahrzehnten rasant weiterentwickelt. Dabei sind die Anforderungen an den modernen Schiffsbau und die damit einhergehenden architektonischen sowie gestalterischen Herausforderungen stetig gewachsen. Die eingesetzten Kleb- und Dichtstoffe sind ein kleiner, aber sehr wichtiger Bestandteil und müssen bei den gestiegenen Anforderungen mithalten.
Neben Rohstoffbeschränkungen und Lieferengpässen, europäischen Chemikalienverordnungen oder enormen Preisschwankungen muss in der Entwicklung und Prüfungsphase auch das Thema der Verträglichkeit zu den in Kontakt kommenden Materialien, unabhängig vom Aggregatzustand, mit berücksichtigt werden. Hersteller mit den entsprechenden MED-zertifizierten und geprüften Produkten bieten Sicherheit und Garantie für langjährige und dauerhafte Verbindungen.